Stefan Spengler
Kriegspolyptychon (Cheers!)
Historische Zeitungstitelseite, KI-generierte Cliparts (ChatGPT/Logo Creator basierend auf GPT-4o), digitale Bildbearbeitung, Werk einer 22–teiligen Serie
2020/2025
Stefan Spengler
Kriegspolyptychon (Cheers!)
Historische Zeitungstitelseite, KI-generierte Cliparts (ChatGPT/Logo Creator basierend auf GPT-4o), digitale Bildbearbeitung, Werk einer 22–teiligen Serie
2020/2025
Das gezeigte Werk nutzt eine historische Quelle – die Süddeutsche Illustrierte Zeitung vom 21. Januar 1917 – als Ausgangspunkt, um eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schlagen. Die dokumentarische Ästhetik des Ersten Weltkriegs in Form einer Schwarz-Weiß-Fotografie der Soldaten steht für ein tradiertes Bild vom Krieg: männlich, uniformiert, distanziert und scheinbar historisch abgeschlossen.
Gerade dieser Eindruck des „Vergangenen“ wird bewusst gebrochen: Plakativ eingefügte, KI-generierte Clipart-Elemente im Comic-/Stickerstil kollidieren mit dem dokumentarisch-historischen Charakter der Originalaufnahme. Dieser Eingriff verschiebt die Wahrnehmung – die Szene wird nicht mehr nur historisch betrachtet, sondern in den emotionalen Modus einer gegenwärtigen Reaktion überführt. Der popkulturelle Stil fungiert als ironischer wie alarmierender Kontrapunkt: Er aktualisiert die Dringlichkeit der Bildbotschaft und macht sichtbar, dass Kriegszustände keineswegs überwunden sind.
So reflektiert das Werk den Mechanismus der Geschichtsvergessenheit. Indem das scheinbar veraltete Bildmaterial mit KI-generierten visuellen Mitteln der Gegenwart konterkariert wird, entsteht ein Spannungsfeld zwischen Erinnerung und Aktualität. Die typografische und emotionale Überschreibung – etwa durch „OH MY GOD“ – wirkt wie ein spontaner Schrei gegen die Normalisierung des Krieges – damals wie heute.
Als Teil eines Kriegspolyptychons erweitert das Werk die historische Einzelreferenz zu einem größeren narrativen Zusammenhang. Es fordert dazu auf, Frieden und Menschenrechte nicht als selbstverständlich hinzunehmen, sondern als bedrohte und fragile Ideale zu begreifen. So wird die dargestellte Szene zu einem Spiegel unserer Gegenwart: Krieg bleibt – trotz technologischer, medialer und kultureller Veränderungen – eine beunruhigend reale, einschneidende Erfahrung unserer Zeit. Das Werk ruft daher nicht nur zur Erinnerung, sondern auch zur Haltung auf.
Indem es historische Bildsprache, KI-Ästhetik, Ironie und Konfrontation verbindet, macht das Werk die Fragilität des Friedens sichtbar – und wirft die zentrale Frage auf: Was haben wir seit 1917 wirklich gelernt?